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Dienstag, 23 Dezember 2014 05:59

Winterschifffahrt auf dem Hallstättersee

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Die gelernte Drechslerin Karoline Hemetsberger hat 2001 die Hallstättersee Schifffahrt von ihren Eltern übernommen. Sie war die jüngste von vier Töchtern: „Zu Gute kam mir, dass ich vor 18 Jahren meinen Mann Ernst kennen gelernt habe, der seither mit Leib und Seele dabei ist.“ Ernst Haider: „Ich kümmere mich ums Handwerkliche und meine Frau ums Kommerzielle.“ Sie steht auch am Steuer, und dies seit 21 Jahren. War sie damit die erste Schiffsführerin in Österreich? „Nein, das war meine Mutter – die hatte das Kapitänspatent als erste in ganz Österreich,“ ergänzt Karoline.

Bei unserem spätherbstlichen Besuch im verträumten Hallstatt sieht vieles noch gleich aus wie vor 28 Jahren, als ich das letzte Mal hier war: Die währschaften Schiffshütten (Schiafhiat’n genannt), die Querverbindung über den See zur Bahnstation, die Schiffe Dachstein (1967), Hallstatt (1972) und Stefanie II (1977). Einzig die „Goisern II“ kam inzwischen als viertes Schiff dazu (2004). Trotzdem ist vieles anders: Der Seniorchef Karlmann Hemetsberger ist nicht mehr unter uns (gestorben am 17. Juni 2014). 2014 ist die Slipanlage adaptiert worden. Die „Hallsatt“ wird verkauft und steht nur noch wenige Tage am Werftsteg. Sie wird demnächst abtransportiert. Es gibt mehrere Interessenten. Wir besichtigen das ehemalige Flaggschiff ein letztes Mal. In der Schiffswerft Linz entsteht zur Zeit ein Neubau, der auf dem Hallstättersee im Mai 2015 eine neue Epoche einläuten soll. “Es ist eine Investition in die Zukunft, ein Bekenntnis unserer Familie zur Hallstättersee-Schifffahrt“, ergänzt Karoline Hemetsberger mit einer Mischung von stolzer Vorfreude und etwas Respekt vor dem Abenteuer.

Das Pflichtenheft des Neubaues stellte Severin Schenner zusammen, der sich europaweit mit Schiffen beschäftigt und die Kundenbedürfnisse dadurch genau kennt. Der Hallstättersee bedeutet für den Schiffsexperten sehr viel: „Ich bin in Hallstatt aufgewachsen und früh mit dem Schifffahrts-Virus angesteckt worden. Jede freie Minute war ich auf den Schiffen anzutreffen.“ Der heute als Schiffstechniker und Konstrukteur tätige Schenner ist mit dem Betrieb Hemetsberger freundschaftlich verbunden und unterstützt diesen, wo er kann, so auch als Kapitän. Er hat ausserdem einen Beraterjob unter anderem beim Zellersee und auf dem tschechischenen Lipno (Moldaustausee). Auf welche Referenz hat er sich abgestützt beim Skizzieren des Hallstättersee-Schiffes, dessen Name noch unter Verschluss ist? „Es wird eine kleine ’Zug“ von Zugersee aber anstelle des Mitteldecks steht der Steuerhausaufbau. Auch der gleiche Schreiner, die Firma Auer aus Innsbruck, wird an Bord sein.“

Die Hallstättersee-Schifffahrt ist die einzige in ganz Österreich, die täglich das ganze Jahr ihren Dienst anbietet. Der öffentliche Verkehr zum Touristenmagnet Hallstatt führt über den gleichnamigen Bahnhof auf der andern Seite des Sees. Dies hat topografische Gründe. Die Bahn wurde ab 1877 wegen dem Salztransport gebaut und hatte die Fortsetzung in Richtung Bad Aussee im Plan. Seit 7 000 Jahren wird in dieser Gegend – nicht von ungefähr Salzkammergut genannt -  das sogenannte „weisse Gold“ abgebaut. Jahrhunderte lang transportierte man das Salz auf dem Wasserweg. Dazu diente eine bis heute erhalten gebliebene Nadelwehranlage (erbaut 1511) im Ausfluss des Hallstättesees. Von dort ging es dann auf dem rund 40 km langen Wasserweg die Traun hinunter nach Gmunden, weiter über den Traunsee und dem Fluss, der dann in Linz in die Donau mündet – ein perfekter Wirtschaftsweg.

1597 baute man aus 13 000 Baumstämmen von Hallstatt nach Ebensee eine erste Soleleitung und verarbeite dort das konzentrierte Salzwasser zu Salz, da in der Hallstatt-Gegend das Brennholz zum Versieden der Sole zu knapp wurde. Diese Gegend bekam 1997 den Status als UNSESO-Weltkulturerbe, was sich auf den Tourismus sehr positiv auswirkt. Karoline Hemetsberger: „Wir haben seit drei Jahren steigende Frequenzen und sind mit der Entwicklung sehr zufrieden. Das war bis vor wenigen Jahren ganz anders, als mein Vater sich ernsthaft fragen musste, wie wir jeweils den Winterverkehr finanziell stemmen konnten.“

Ist zu Verkauf ausgeschrieben: MS Hallstatt, benannt nach dem gleichnamigen Flecken im Hintergrund. Ernst und Karoline Hemetsberger sind zusammen mit Severin Schenner die Hauptstützen für die Schifffahrt des Hallstättersees, hier an Bord des MS Stefanie. Dieses Fährschiff hatte zur Zeit unseres Besuches eine Zwangspause, da der Zugsverkehr wegen Umbauarbeiten für drei Wochen gesperrt war; Ersatzbusse fuhren in dieser Zeit von Bad Ischl direkt nach Hallstatt. Die „Goisern II“ war für einen Sondereinsatz bereit zur Ausfahrt – auch der Winterverkehr hat sich erfreulich entwickelt. Das Sommerschiff Dachstein in der Schiffshütte in Hallstatt. Das neue Schiff beim Wenden auf den Kiel in der ÖSWAG-Werft Linz. Er prägte die heutige Schifffahrt auf dem Hallstättersee: Karlmann Hemetsberger. Bilder 6 und 7 S. Schenner, Text und übrige Bilder H. Amstad

Wissenswertes: Der Hallstättersee liegt auf 508 m ü M, Fläche 8,6 km2, Länge 8,2 km, grösste Breite 2,2 km, max. Tiefe 125 m, Durchlaufzeit des Wassers bloss 6 Monate.

Gründung motorenbetriebene Schifffahrt: 7. September 1862,

Schiffsbetrieb Hemetsberger: seit 14. November 1967.

Eine ganze Epoche der Menschheitsgeschichte wird nach diesem Ort benannt, die sog. Hallstattzeit von 800 bis 400 vor Christus.

Weiter im Text: Über die Hallstättersee-Schifffahrt ist von Severen Schenner ein Bildband mit ausführlichen Kommentaren erschienen (inkl. Schiffsliste), bei uns erhältlich (Link).

 

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